Berolzheimerianum – Jüdisches Stiftungswesen & Dr. Jakob Frank

Berolzheimerianum heute
BEROLZHEIMERIANUM HEUTE (→BILDNACHWEIS)

Das 1906 eröffnete Berolzheimerianum, benannt nach seinem Stifter Kommerzienrat Heinrich Berolzheimer (1836 – 1906), kann wohl als bezeichnendes Beispiel für das vielfältige jüdische Stiftungswesen in Fürth vor dem Ersten Weltkrieg gesehen werden. Heinrich Berolzheimer, der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika ausgewandert war, kam in New York mit der Produktion von Bleistiften zu Reichtum. Nachdem seine Söhne Emil und Philipp Berolzheimer das Unternehmen übernommen hatten, kehrte Heinrich Berolzheimer wieder nach Deutschland zurück.

Im Frühjahr 1904 stiftete er die große Summe von insgesamt 223.000 Goldmark für die Errichtung und Erhaltung eines Volksbildungsheims nach amerikanischen Vorbild in seiner Geburtsstadt Fürth. Bereits 1903 wurde vom damaligen Bürgermeister Fürths, Dr. Theodor Kutzer, der Volksbildungsverein Fürth gegründet, welchem neben weiteren jüdischen Persönlichkeiten Fürths als 2. Vorsitzender auch Albert Rosenfelder angehörte. Nach dessen Tod übernahm Gustav Löwensohn dieses Amt. Ziel des Volksbildungsvereins war es dabei, allen Bevölkerungsschichten Zugang zu kostenloser Bildung zu ermöglichen.

Im Erdgeschoss des von Stadtbaurat Otto Holzer entworfenen Jugendstilbaus befand sich die Bibliothek, sowie ein Lesesaal mit 120 Plätzen, in dem auch Zeitschriften, Zeitungen und Lexika zur Verfügung standen, während im Obergeschoss ein Saal mit Bühne für 800 untergebracht wurde, in welchem Veranstaltungen verschiedenster Art, wie etwa wissenschaftliche Vorträge, Ausstellungen oder Konzerte, stattfinden konnten.

Am 16. Mai 1906 erfolgte die feierliche Eröffnung, an der neben allen wichtigen Persönlichkeiten Fürths auch der Sohn des Prinzregenten und spätere König Ludwig III. teilnahm.

Mit der Mobilmachung und dem Beginn des Ersten Weltkriegs musste die Stadt Fürth zahlreiche ihrer öffentlichen Gebäude der Militärverwaltung zur Aufnahme von Verwundeten zur Verfügung stellen. Nachdem bereits am 29. August 1914 die Lazarette in der Turnhalle des TV 1860 Fürth und in den Schulhäusern in der Pfister- und Rosenstraße fast vollständig belegt waren, wurde der Saal im Obergeschoss des Berolzheimerianums nun ebenfalls als Reservelazarett genutzt.

Von Januar 1915 bis April 1919 diente auch der jüdische Chirurg und sehr angesehene Oberarzt des gegenüberliegenden Städtischen Krankenhaus Dr. Jakob Frank  als Stabsarzt im Reservelazarett Berolzheimerianum.

Stadtarchiv Fürth - A 3228
VERWUNDETE SOLDATEN IM SAAL DES BEROLZHEIMERIANUMS – AUFGENOMMEN AM 1. JULI 1916 – DEM TODESTAG VON ALBERT ROSENFELDER (STADTARCHIV FÜRTH – A 3228)


Dr. Jakob Frank

Dr. Jakob Frank, am 21. Mai 1871 in Forchheim geboren, ließ sich 1886 in Fürth nieder, um dort als Assistenzarzt und Chirurg im Städtischen Krankenhaus zu arbeiten. 1899 eröffnete er in der Fürther Innenstadt zusätzlich eine Praxis, mit der er sich schnell einen guten Ruf erarbeitete. Außerdem war er Armen- und Schularzt sowie Leiter der Fürther Geschlechtskrankenfürsorge. Im Februar 1911 ernannte man Dr. Jakob Frank zum Oberarzt, ein Jahr darauf, 1912, heiratete er Alice Kleefeld, Tochter des Fürther Spielzeugfabrikanten Ludwig Kleefeld und Nichte von Kommerzienrat Albert Rosenfelder. Mit Beginn des Ersten Weltkrieg wurde auch Dr. Jakob Frank als Arzt zum Militärdienst einberufen, um als Stabsarzt im Reservelazarett Berolzheimerianum zu arbeiten. Für seine Verdienste als während dieser Zeit bekam er 1916 das König-Ludwig-Kreuz sowie die Preußische Medaille des Roten Kreuzes II. Klasse.

Nachruf Dr. Jakob Frank
NACHRUF ZUM TOD VON DR. JAKOB FRANK (→BILDNACHWEIS)

Nach Ende des Ersten Weltkriegs und der Entlassung aus dem Militärdienst im April 1919 kehrte Dr. Jakob Frank zum Städtischen Krankenhaus in Fürth zurück, dessen Leiter er ab 1924 wurde. Während dieser Zeit bemühte er sich lange um einen Neubau des Städtischen Krankenhauses, an dessen Planung und schließlicher Eröffnung 1931 er maßgeblich beteiligt war. Nach der Machtübernahme der NSDAP wurde er am 22. März 1933 mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen. Anschließend arbeitete er zunächst im Jüdischen Krankenhaus Fürths und behandelte weiterhin in seiner Praxis Patienten, bevor er, nachdem ihm 1938 seine Approbation entzogen wurde, über Schweden 1939 in die USA floh. Dort angekommen konnte er jedoch nicht mehr als Arzt arbeiten, da ihm seine aberkannte Approbation nicht erneut ausgefertigt wurde, und musste seinen Lebensunterhalt als Altenpfleger verdienen. Am 31. Mai 1953 starb Dr. Jakob Frank mit 82 Jahren in bescheidenen Verhältnissen in New York.

Namenszusatz Dr. Jakob Frank 1938
DOKUMENT ÜBER DIE PFLICHT DER VORNAMENSERGÄNZUNG ISRAEL VON DR. JAKOB FRANK (→BILDCHWEIS)

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