Fürther Kasernenviertel – Antisemitismus?

Offizierskasino heute
OFFIZIERSKASINO IN DER STEUBENSTRAßE HEUTE
Offizierskasino 1907
OFFIZIERSKASINO UM 1907

Fürth wurde seit jeher als Ort beschrieben, an dem Juden freier leben konnten als anderswo. Die 1893 für den Reichstag kandidierende Partei der Antisemiten erhielt in Fürth nur 0,6 % der Stimmen – in ganz Deutschland waren es 3,4 %. Trotzdem kam es gelegentlich auch hier immer wieder zu Anfeindungen gegen die jüdische Bevölkerung. So galt vor allem das Militär mit seinem eigenen großen Kasernenviertel im Süden Fürths zu dieser Zeit als Inbegriff von Antisemitismus in der Stadt. Mit der Vergrößerung der bayrischen Armee wurden Ende des 19. Jahrhunderts auch in Fürth Truppen stationiert. 1890 begann man damit, in der damals noch fast völlig unerschlossenen Fürther Südstadt eine Kaserne für das neugebildete 6. bayerische Feldartillerie-Regiment “Prinz Ferdinand von Bourbon, Herzog von Calabrien” zu errichten. 3 Jahre darauf wurde dann mit dem Bau weiterer Gebäude für das 21. bayerische Infanterie-Regiment „Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin“ begonnen. 1907 kam außerdem ein bayerisches Train- Depot zu den mittlerweile weitläufigen Kasernenanlagen hinzu.

Lange Zeit war es für Juden in Bayern fast unmöglich, in höhere militärische Dienstränge aufzusteigen. Mit dem Erhalt der Sekundarreife nach 7 Jahren Gymnasium oder dem Besuch einer Realschule konnte ein großer Anteil der jüdischen Wehrpflichtigen die abzuleistende Militärdienstzeit als Einjährig-Freiwilliger auf nur ein Jahr verkürzen. Damit war man nach der Entlassung als Unteroffizier zwar nominell für eine Offizierslaufbahn vorgesehen, tatsächlich wurden jedoch nur die aller Wenigsten
schließlich auch wirklich zum Offizier der Reserve befördert. Nur durch die außerordentliche Empfehlung eines Vorgesetzten war es möglich geworden, dass ALBERT ROSENFELDER als einer der wenigen jüdischen Soldaten in Bayern 1886 zum Leutnant der Reserve und 1890 sogar zum Oberleutnant befördert wurde.

So gab es bis 1914 auch nur sechs aktive jüdische Offizier in der Bayerischen Armee, wozu auch zum Christentum konvertierte Juden wie Karl Ortenau (1863 – 1927) gerechnet wurden. Dieser, am 13. Oktober 1863 als Sohn des jüdischen Notars Dr. Ignaz Ortenau und seiner Frau Klementine, geb. Seligmann, in Fürth geboren, nahm mit der Heirat den katholischen Glauben seiner Frau an, bevor er 1885 während des aktiven Militärdienstes zum Leutnant und später sogar zum Hauptmann befördert wurde.

Der Erste Weltkrieg gab vielen jüdische Fürthern die Hoffnung, nun endgültig auch vom Militär als vollwertige Soldaten anerkannt zu werden. Und tatsächlich war es nun möglich, dass zahlreiche jüdische Soldaten, die ihren Militärdienst als Einjährig-Freiwillige abgeleistet hatten, zum Offizier befördert wurden. ALBERT ROSENFELDER wurde im Januar 1915 vom bayerischen König Ludwig III. zum Hauptmann und Kompanie-Führer befördert. Karl Ortenau, der mit Ausbruch des Krieges zurück in den Militärdienst gerufen worden war, ernannte man im August 1915 sogar zum Major und Bataillons-Kommandeur. Durch die hohen Verluste an Offizieren an der Front war es außerdem möglich, das ROBERT LÖWENSOHN binnen kürzester Zeit vom Kriegsfreiwilligen zum Leutnant befördert wurde. Doch immer sah er sich als einziger jüdischer Offizier in seinem Regiment auch an der Front immer wieder dem Antisemitismus ausgeliefert. So stellte man ihn vor der Beförderung zum Leutnant vor die die Wahl zwischen dem Eisernen Kreuz und einem Offiziersrang, da beides, gab man ihm zu verstehen, für einen Juden zu viel wäre.

Postkarte Infanteriekaserne 1908
POSKARTE DER KASERNE DES 21. BAYERISCHEN INFANTERIE-REGIMENTS 1908 (→BILDNACHWEIS)
Geismannsaal 1914 Soldaten
Gruppenfoto in der Fürther Brauerei Geismann 1914 (→Bildnachweis)
Ausmarsch 21. bayerisches Infanterieregiment 1914
Abbildung des Ausmarsches des 21. bayerischen Infanterieregiments 1914 in den „Erinnerungsblättern deutscher Regimenter – Band 57“ (→Bildnachweis)

 


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